Margarete Gisela Juch

Liebe Mutti Gretel,

heute an Deinem 96. Geburtstag beginne ich mit einem Satz von Victor Hugo:

„Der Geist wird reich durch das, was er empfängt, das Herz durch das, was es gibt.”

Du kennst diesen Satz bestimmt, denn Du hast Victor Hugos Bücher gern gelesen. Du hast Dich gern mit intellektuellen Menschen umgeben, was schon Dein Beruf mit sich brachte. Wir sind stolz, dass Du in Deinem Leben so viel erreicht hattest.

Matthias und ich danken Dir für Dein großes Herz und du weißt, dass wir beide irgendwann zu Dir sagten, dass Du zu gut bist für diese Welt. 

Nun bist Du nicht mehr hier. Ich höre noch immer Deine Stimme. Ich habe viel von Deinen letzten Erzählungen, die Du nur mir anvertraut hast in Deinen letzten Lebensmonaten, aufgeschrieben. Es waren schöne interessante Berichte aus Deinem Leben. Nun kennen nur Du und ich diese.

Du wolltest Deinen Geburtstag immer gar nicht feiern. Wir kamen trotzdem – und es wurden schöne Stunden. Heute legen wir wieder Blumen auf Dein Grab und werden Deiner gedenken.

Wir vermissen Dich. Wir umarmen Dich.

Deine Kinder Matthias und Mirella

Liebe Mutti Gretel,

wir waren Dir heute sehr nah. Deine Lieblingsblumen liegen nun wieder auf Deinem Grab. Morgen schon bist Du ein Jahr auf dem Platz, den Du Dir gewünscht hast. Meiner Mutti haben wir Rosenblütenblätter über die Wasserstraße geschickt. Vor einem Jahr war sie noch bei uns und stand an Deinem Grab. Wir sind so tief traurig, dass Ihr beide nicht mehr bei uns seid. 

Immer wieder tauchen die Erinnerungen auf. Brigitte redet viel von Dir. Sie meinte in dieser Woche, dass Du ihre selbstgebackenen Pfefferkuchen so gern gegessen hast. Sie hat wieder so viel gebacken und verschickt. Du kennst sie ja. Sie vermisst Dich so sehr; wir Dich jedoch noch mehr. 

Wir umarmen Dich. Deine Kinder Thie und Relli

Liebe Mutti Gretel,

heute jährt sich Dein Todestag zum ersten Mal. Als ich heute früh den Friedhof betrat, erwartete mich die schöne Kastanienallee, die zu Deinem Grab führt, in anderem Gewand. Alle Blätter sind bereits von den Bäumen gafallen und decken die Gräber darunter zu. Auch das Deine hat eine Decke aus welken Blättern erhalten. Der Blumenstrauß von uns brachte die noch herbstlichen Farben ins Spiel und das hätte Dir gefallen. Ich denke, es hat Dir gefallen. Ich verweilte lange bei Dir. Du hast Dich bei mir bedankt und gemeint, dass die Kastanienbäume auch ohne Blätter gut aussehen, denn nun zeigen sie erst recht ihre Schönheit. Ja, Du hast die Natur geliebt. Hast lange Spaziergänge gemacht, auch gemeinsam mit uns. Dein Matthias und ich haben heute viel von Dir gesprochen. Eigentlich bist Du jeden Tag präsent hier zu Hause. Brigitte rief gestern an. Sie vermisst ihre Gretel sehr. Meine Mutti ist morgen vier Wochen im kalten Meer. Bei Deiner Trauerfeier im November des vergangenen Jahres hielt sie noch meine Hand. Es ist so traurig, beide Muttis innerhalb eines Jahres verloren zu haben. Und Du weißt ja, unsere Donna ist auch fort. So scheint alles verwaist und leer.

Ich gedenke Deiner jeden Tag. Auch von Matthias git es täglich liebe Worte für Dich. Wir vermissen Dich.

Pass gut auf Dich und Deine Lieben in Eurer nun gemeinsamen Welt auf. Wir umarmen Dich. 

Deine Kinder Matthias und Mirella

Liebe Mutti Gretel,

als ich heute morgen bei Dir war, war es auf dem Friedhof noch ganz still und der Tag begann erst richtig zu erwachen. Der Herbstblumenstrauß ist aus unserem Garten. Du hast die Farben des Herbstes geliebt. Du brauchst Dir auch keine Sorgen zu machen. Alles war schön aufgeräumt, die Wiese gemäht und es lagen weitere Blumen in Deiner Nähe. Der große Kastanienbaum, der Dir im Sommer Schatten spendet, wirft nun seine Früchte ab. Es ist Herbst, die Nächte werden kühler und die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch.

Ich weiß, dass es Dir gut geht. Geklagt hast Du ohnehin nie viel –  und ich muss Dir sagen, dass Du uns fehlst. 

Wir umarmen Dich. Dein Thie und Mirella 

Liebe Mutti Gretel,

nun ist es Herbst. Es ist kalt draußen. Meine Mutti ist am 24.09. 24 im Stettiner Haff beigesetzt worden. Ich frage mich, ob sie irgendwann im Ozean ankommt? Und ich frage mich, ob Ihr Euch gefunden habt? Ich hatte Dir mitgeteilt, dass sie im August verstorben ist. Mutti Gretel, es tut so weh, Euch beide nicht mehr hier zu haben. Ich bin so voller Trauer. Es ist alles so leer. Ich habe für Mutti noch eine Annonce aufgegeben mit einem Spruch aus dem uralten Büchlein von Onkel Paul: " Wenn die Sonne der Hoffnung untergeht, so geht dafür der Mond der Erinnerung umso schöner auf." Was meinst Du als Psychologin dazu? Schade, dass Du mir nicht mehr antworten kannst.

Ich umarme Dich

Deine Mirella